Freitag, 5. Juli 2013

Stellungnahme zum neuen Förderinstrument „selbstorganisierte Kunsträume / Nachwuchsförderung“ von Pro Helvetia

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Pro Helvetia hat gestern (4. Juli 2013) nach eineinhalb Jahren Bearbeitungszeit (!) endlich ein Konzept (s.u.) präsentiert, wie selbst-organisierte Kunsträume finanziell unterstützt werden sollen. Grundsätzlich begrüssen wir die Initiative ein neues Förderinstrument für selbstorganisierte Kunsträume zu schaffen.

Im Detail zeigt sich aber, dass die Vorgaben für die Unterstützung  der Arbeitspraxen und Ansprüchen von selbstorganisierten Kunsträumen in keinerlei Weise Rechnung trägt. Im Gegenteil, die Möglichkeit für selbstorganisierte Kunsträume am Förderprogramm teilzuhaben wird einsgeschränkt bis verhindert!

Folgende Kriterien erscheinen uns als praxisfremd bis widersprüchlich:

1. Junge Initiativen, welche erfahrungsgemäss auch schwerpunktmässig junge Positionen zeigen, können  kaum eine professionellen Leistungsausweis innerhalb von drei Jahren erbringen. Bis dahin sind die "jungen Initiativen" nämlich bereits nicht mehr jung, aber auch noch nicht so erfahren, dass sie professionell sind.

2. Mit der zunehmenden Ökonomisierung der Städte wird es  schwieriger für neue Initiativen fixe, konstante Standorte anzumieten. Viele junge Initiativen sind daher nomadisch oder zeitlich begrenzt (Zwischennutzungen). Das Kriterium „kontinuierlicher Ausstellungsbetrieb“ würde viele Initiativen von vornherein ausschliessen.

3. Die Eingabefrist 1. September und 1. März (mit detaillierten Angaben zu den förderungswürdigen KünstlerInnen für das Folgejahr) wird für die meisten selbst-organisierten Kunsträume eine unüberwindbare Hürde sein. Im Gegensatz zu den mittleren Kunstinstitutionen sind die „Off-Räume“  selten in der Lage so langfristig zu planen. Auch liegt es nicht im Interesse von selbst-organisierten Kunsträume so lange im Voraus zu planen, da die Stärken von selbst-organisierten Kunsträumen gerade in der Flexibilität und Spontanität liegt, auf junge Positionen zu reagieren.

4. Die geforderte Zusammensetzung des Eingabedossiers bedeutet immensen bürokratischen Aufwand. Dieser wäre von RaumbetreiberInnen zu leisten, welche selten bis nie für ihre Arbeit entschädigt werden: Eine weitere Hürde für selbstorganisierten Kunsträume.

5. Anstatt darüber nachzudenken, wie heute Produktionen tatsächlich ablaufen und auch über die Bezahlung von künstlerischer Arbeit nachzudenken, fährt man im bewährten alten System weiter: Künstlerischse wie kuratorische Arbeit wird prekarisiert, obwohl wir immer auf dieses Problem hingewiesen haben.

6. Das mit dem neuen Kulturförderungsgesetz nur noch der Nachwuchs (was ist damit denn genau gemeint?) gefördert wird, ist hoch problematisch. Damit wird ein (Alters)-Klassensystem eingeführt, das ältere Kunstschaffende (d.h. sechs Jahre nach Ausbildungsende, bis 35 Jahre) keine Unterstützung mehr erhalten.

Wir sind enttäuscht, dass die VertreterInnen von selbstorganisierten Kunsträumen nicht direkt bei der Entwicklung des Förderinstruments involviert waren, respektive nur um ihre Einschätzungen gefragt wurden. Das von Pro Helvetia viel gerühmte "Dialogische Prinzip" war eine Einbahnkommunikation von oben nach unten!

Das vorliegende "Förderinstrument" wird in dieser Form wohl wenig an der prekären Situation von Basisräumen verändern noch den Nachwuchs fördern. Vielmehr treibt es einen imaginären Generationskeil zwischen die Kunstschaffenden!

Umso wichtiger erscheint uns einmal mehr die Unterschriftenaktion für die Petition "Hundert Räume geben mehr Licht als ein Leuchtturm" voranzutreiben. Unterschreiben Sie jetzt und setzen Sie ein Zeichen gegen diese falsche Förder/Kulturpolitik!!!















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